Surfen mit Sehbehinderung – Die verborgene Welt der Screenreader
Stellt euch vor ihr wollt etwas auf einer Website bestellen. Nur könnt ihr die angebotenen Produkte nicht richtig erkennen, die verschiedenen Bedienelemente nicht unterscheiden und die Schrift nicht lesen. Geschweige denn, wisst ihr wo sich überhaupt etwas auf der Website befindet oder ihr seht einfach überhaupt nichts. Ziemlich schwierig oder?
Weltweit sind 39 Millionen Menschen blind und 246 Millionen Menschen sehbehindert und können deshalb oft Websites nicht richtig nutzen. Um also am Internet richtig teilhaben zu können, kann hier auf eine Form von Assistenztechnologien zurückgegriffen werden.
Eine der häufigsten Plattformen, die Blinden- und Menschen mit Sehbehinderungen dabei unterstützt, das Internet zu navigieren und mit Inhalten zu interagieren, ist der so genannte “Screenreader”.
Was ist ein Screenreader überhaupt?
Ein „Screenreader“ ist eine generische Bezeichnung für Software, die Menschen mit Sehbehinderungen dabei hilft, einen Computer zu bedienen. Inhalte auf dem Bildschirm des Computers und auf Websites wie Text, Bilder und Links, werden von der Software in ein Format übersetzt, das Nutzer*innen konsumieren und mit dem sie interagieren können, wie z. B. hörbare Sprache und Brailleschrift.
Wie interagieren Nutzer*innen mit einer Website?
Mit unterschiedlichen Tastenkombinationen können Nutzer*innen mit dem Screenreader verschiedenste Aufgaben ausführen. Darunter das Lesen eines Dokuments, das Navigieren durch Webseiten und Interagieren mit Dateien und das Hören von Musik. Screenreader ignorieren viele der Elemente auf der Seite, die visuelle Hinweise geben. Die Software gibt nur einfachen Text und semantische Informationen über das Fragment aus, auf das der Tastaturfokus gerade platziert ist.
So würde ein Link zum Beispiel ohne visuelle Attribute wie Farben oder Schriftgröße des Textes ausgelesen werden. Die Informationen auf einer Seite können je nach Screenreader entweder komplett- oder nur teilweise vorgelesen werden und die Leserichtung ist von der jeweiligen Sprache und wie sie zu lesen ist, abhängig.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten, wie Nutzer*innen mit einer Seite interagieren können:
Der erste Modus, der Browse-Modus, wird normalerweise zum Lesen und Navigieren durch die Website verwendet. Im Browse-Modus wird der Fokus des Screenreaders von einem Element auf der Seite zum nächsten sequenziell verschoben, indem die Pfeiltasten nach oben und unten gedrückt werden.
Der zweite Modus, der Fokusmodus, wird zum Interagieren mit einer bestimmten Funktion auf der Webseite verwendet. Wenn z. B. ein Formular ausgefüllt wird, navigiert ein Benutzer zu einem Feld, wechselt automatisch in den Fokusmodus, wenn er beabsichtigt, ein Feld auszufüllen, und kann dann den relevanten Inhalt mit regulären Tastenanschlägen eingeben.
Warum sind Screenreader wichtig für die der Barrierefreiheit im Internet?
WCAG – das sind international anerkannte Standards für digitale Barrierefreiheit – schreiben vor, Kodierungsanforderungen sicherzustellen, die es assistiven Technologien ermöglichen, Websites zu navigieren, die von Menschen mit Behinderungen verwendet werden. Allein die Tatsache, dass diese Richtlinien eingeführt wurden, zeigt, wie wichtig Screen Reader-Technologien sind, um eine echte Webzugänglichkeit zu erreichen.
Webseiten müssen mit gut strukturiertem Code erstellt werden, um es Screen Readern zu möglich zu machen, optimal mit ihnen zu interagieren. Das trägt wiederum zur Verbesserung der hiesigen digitalen Barrierefreiheit bei. Die W3C führte 2014 auch eine technische Spezifikation namens WAI-ARIA (Web Accessibility Initiative – Accessible Rich Internet Applications) ein. Das sind zusätzliche HTML-Attribute, die die Zugänglichkeit von Inhalten verbessern und zusätzliche Semantik in Elementen bereitstellen sollen.
Screen Reader spielen eine entscheidende und unverzichtbare Rolle dabei, alle Informationen, die im Internet bereitgestellt werden, möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Sie sind unerlässlich für eine echte Webzugänglichkeit und tragen zu mehr Gleichberechtigung und digitaler Teilhabe bei.
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