Barrierefreiheits-Test: So prüfen Sie Ihre Website richtig
Wie kann ich die Barrierefreiheit meiner Website prüfen?
Digitale Barrierefreiheit ist weit mehr als eine technische Umsetzung; sie ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit und rechtliche Pflicht.
Alleine in Deutschland leben etwa 8 Millionen Menschen mit schwerer Behinderung. Für sie – und auch für ältere Menschen oder Menschen in spezifischen Nutzungssituationen (z. B. bei starker Sonneneinstrahlung oder mobiler Nutzung) – entscheidet Barrierefreiheit darüber, ob sie digitale Inhalte überhaupt nutzen können.
Hinzu kommt der Druck durch gesetzliche Vorgaben. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) werden Unternehmen rechtlich zur digitalen Barrierefreiheit ihrer Produkte und Webanwendungen verpflichtet. Wer nicht handelt, riskiert nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern schließt potenziell Millionen von Nutzenden aus.
Die gute Nachricht: Inklusion und wirtschaftlicher Erfolg gehen Hand in Hand. Eine barrierefreie Website bietet:
Höhere Reichweite: Sie erreichen mehr potenzielle Kundinnen und Kunden.
Bessere SEO-Sichtbarkeit: Viele Barrierefreiheits-Kriterien (wie klare Struktur und sinnvolle Alternativtexte) verbessern auch das Ranking in Suchmaschinen.
Verbesserte Usability: Ein klares, strukturiertes Design kommt allen Nutzenden zugute.
Um diesen Standard zu erreichen und auf einem hohen Niveau zu halten, ist ein systematischer Barrierefreiheitstest unerlässlich. Hierfür bieten sich verschiedene, ineinandergreifende Methoden an.
Übersicht über Barrierefreiheits-Tests
Automatisierte Tests – der schnelle Einstieg
Automatisierte Barrierefreiheits-Tests sind der schnellste und kostengünstigste Weg, um einen ersten Überblick über den Zustand Ihrer Website oder Webanwendung zu erhalten. Schon die in gängigen Browsern integrierten Entwicklertools liefern mit wenigen Klicks wertvolle Hinweise und decken rund 30 bis 50 Prozent der typischen technischen Probleme auf – etwa fehlende Alternativtexte, unzureichende Farbkontraste oder fehlerhaften HTML-Code.
Wer eine tiefere Analyse benötigt, setzt auf spezialisierte Prüfsoftware. Diese kann nicht nur einzelne Seiten, sondern auch komplette Webauftritte automatisiert durchforsten und erstellt innerhalb kurzer Zeit detaillierte Berichte. So lassen sich erste Schwachstellen schnell identifizieren und ein kontinuierlicher Testprozess aufbauen.
Allerdings haben automatisierte Verfahren klare Grenzen. Sie funktionieren ähnlich wie eine Rechtschreibprüfung: Tippfehler werden erkannt, doch ob ein Text verständlich formuliert ist oder eine Navigation logisch aufgebaut wurde, bleibt unbewertet. Auch die Qualität von Alternativtexten lässt sich maschinell nicht zuverlässig einschätzen. Für ein wirklich vollständiges Bild der Nutzererfahrung sind daher ergänzende manuelle Tests unverzichtbar.

Manuelle Tests – die menschliche Perspektive
Um Aspekte zu erfassen, die automatisierte Verfahren nicht abdecken, sind manuelle Tests essenziell. Im Vordergrund steht dabei die tatsächliche Bedienbarkeit: Lässt sich die gesamte Website alternativ nur mit der Tastatur nutzen? Sind Überschriften klar strukturiert, Formulare korrekt beschriftet und Navigationselemente nachvollziehbar aufgebaut?
Ein zentrales Element ist das Testen mit Screenreadern wie NVDA, JAWS oder VoiceOver. Erst hier zeigt sich, ob ARIA-Attribute korrekt eingesetzt wurden und der Quellcode semantisch sauber ist. Ergänzend spielt die kognitive Zugänglichkeit eine Rolle: Sind Fehlermeldungen klar formuliert, die Menüführung logisch und Inhalte nicht überladen? Neben leichter Sprache können auch UX-Methoden wie User Journeys oder Barrierefreiheits-Heuristiken helfen, die Nutzererfahrung aus unterschiedlichen Perspektiven systematisch zu prüfen.
Eine Prüfung der mobilen Nutzbarkeit ist ebenfalls wichtig.. Responsive Design, ausreichend große Klickflächen und eine Bedienbarkeit bei bis zu 200 % Zoom sind Pflicht. Auch die sprachliche Gestaltung trägt zur Barrierefreiheit bei: Lesbarkeits-Analysen mit einfachen Tools helfen, Texte zu vereinfachen und Inhalte allgemein verständlicher zu machen.

Geführte Prüfungen – hybride Ansätze
Zwischen den schnellen, aber limitierten automatisierten Verfahren und den Experten-Audits gibt es hybride Methoden, die beide Seiten verbinden. Semi-automatisierte Guided-Testing-Systeme führen Teams mit klaren Workflows und Checklisten durch die wichtigsten Prüfschritte und dokumentieren die Ergebnisse direkt in der Software. So können auch weniger erfahrene Mitarbeitende strukturiert testen und typische Barrieren frühzeitig erkennen.
Besonders wertvoll sind darüber hinaus Nutzertests von Menschen mit Behinderungen. Dieses „Crowdsourced Testing“ liefert praxisnahes Feedback und zeigt, ob eine Anwendung im Alltag wirklich funktioniert. Denn der beste Barrierefreiheitstest ist letztlich derjenige, der die tatsächliche Erfahrung von Nutzenden misst.

Expertenbasierte Accessibility-Audits
Für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, wie sie etwa das BFSG fordert, sind Experten-Audits der zuverlässigste Weg. Dabei prüfen Fachleute Ihre Website oder Webanwendung anhand offizieller Kriterienkataloge wie den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) oder der darauf basierenden BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung). Meist erfolgt die Analyse anhand einer repräsentativen Stichprobe, die detailliert ausgewertet wird und ein präzises Bild über den Grad der Barrierefreiheit liefert.
Ein erfolgreiches Audit kann zu einem Barrierefreiheits-Siegel oder einer Zertifizierung führen. Das schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern stärkt auch das Vertrauen Ihrer Nutzenden. Da Websites und Anwendungen kontinuierlich weiterentwickelt werden, empfiehlt es sich, solche Audits regelmäßig – idealerweise jährlich – zu wiederholen. Spezialisierte Anbieter wie Eye-Able unterstützen Ihr Unternehmen dabei, Audits effizient durchzuführen und die Ergebnisse in eine nachhaltige Barrierefreiheitsstrategie zu überführen.
Assistenztools – Ergänzung, nicht Ersatz
Assistenztools können die Nutzung einer Website erleichtern, indem sie individuelle Anpassungen ermöglichen – etwa vergrößerte Schrift, veränderte Kontraste oder Vorlesefunktionen. Sie bieten damit einen echten Mehrwert für bestimmte Nutzergruppen.
Allerdings stoßen diese Lösungen schnell an ihre Grenzen. Sogenannte Overlay-Technologien werden häufig als schnelle „All-in-one“-Antwort angboten, können aber grundlegende Barrieren nicht beheben. Strukturelle Fehler im HTML-Code, fehlende Alternativtexte oder eine unlogische Navigation bleiben bestehen. Solche Tools sind daher lediglich eine temporäre Ergänzung, ersetzen jedoch niemals eine sauber entwickelte, von Grund auf barrierefreie Website.
Kontinuierlich testen statt einmal prüfen: der Progressive Testing Approach
Barrierefreiheit ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess. Ein effizienter Ansatz bedeutet daher: regelmäßig testen, verschiedene Methoden kombinieren und Ergebnisse Schritt für Schritt in die Weiterentwicklung integrieren.
Barrierefreiheit als fortlaufende Entwicklung verstehen
Barrierefreiheit ist kein „Ein-Aus-Schalter“, sondern ein fortschreitender Prozess. Ziel ist es, sich Schritt für Schritt den WCAG-Kriterien anzunähern – und dabei nicht nur das gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern die Nutzerfreundlichkeit dauerhaft zu steigern.
Methoden intelligent kombinieren
Ein wirksamer Testprozess verbindet verschiedene Ebenen:
Wöchentlich/täglich: automatisierte Tests für neue oder geänderte Seiten.
Monatlich: gezielte manuelle Prüfungen von Schlüsselseiten, z. B. Tastaturnavigation oder Formulare.
Jährlich: umfassende Expertenaudits wie WCAG- oder BITV-Tests.
So entsteht ein ausgewogenes System, das sowohl schnelle Reaktionsfähigkeit als auch langfristige Qualitätssicherung sichert.
Barrierefreiheit in Workflows verankern
Damit dieser Ansatz funktioniert, muss Accessibility fest im Entwicklungsprozess verankert sein. Dazu gehören klare Verantwortlichkeiten im Team und die Integration von Tests als festen Bestandteil im CI/CD-Workflow (Continuous Integration/Continuous Delivery). Nur so wird Barrierefreiheit zur Selbstverständlichkeit im digitalen Alltag.
Prioritäten setzen und Ressourcen klug nutzen
Nicht jede Maßnahme hat denselben Effekt. Beginnen Sie mit „Quick Wins“ wie dem Nachpflegen von Alternativtexten und planen Sie größere Anpassungen – etwa die Neugestaltung einer Navigation – langfristig ein. Gerade Unternehmen ohne eigene Accessibility-Expertinnen und Expertten profitieren hier von der Zusammenarbeit mit Anbietern wie Eye-Able, die Teststrategien aufsetzen, Audits durchführen und den nachhaltigen Aufbau barrierefreier Prozesse begleiten.
Fazit
Barrierefreiheit ist kein einmaliges Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess. Mit einem klaren Testing-Ansatz – von automatisierte Tests über manuelle Tests bis hin zu Expertenaudits – schaffen Sie eine solide Basis für eine inklusive Website. Entscheidend ist, Barrierefreiheit kontinuierlich in Ihre Arbeitsabläufe zu integrieren und regelmäßig zu überprüfen.
So profitieren nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern alle Ihre Nutzenden durch bessere Bedienbarkeit, verständlichere Inhalte und ein insgesamt angenehmeres Nutzungserlebnis. Wer heute investiert, gewinnt langfristig an Reichweite, Vertrauen und Rechtssicherheit.
FAQs
Welche Testmethode sollte ich zuerst anwenden?
Der beste Einstieg ist ein automatisierter Test. Nutzen Sie zum Beispiel den kostenlosen Website-Scan von Eye-Able, um die offensichtlichsten Barrierefreiheits-Probleme schnell zu identifizieren und erste Verbesserungen einzuleiten. Im nächsten Schritt sollten manuelle Tests folgen – etwa die Überprüfung der Tastaturbedienbarkeit –, um die Nutzererfahrung vollständig abzubilden.
Wie oft sollte ich Barrierefreiheitstests durchführen?
Automatisierte Tests sollten bei jeder größeren Änderung oder mindestens wöchentlich laufen. Manuelle Tests sollten monatlich auf Schlüsselbereichen durchgeführt werden, und ein umfassendes Experten-Audit (WCAG oder BITV-Test) ist jährlich oder bei größeren Relaunches ratsam.
Können Assistenztools eine barrierefreie Programmierung ersetzen?
Nein. Assistenztools und Overlay-Technologien sind eine individuelle Ergänzung, aber kein Ersatz für eine barrierefreie Programmierung Ihrer Webanwendung. Grundlegende strukturelle Fehler im HTML-Code müssen im Quelltext behoben werden.
Was kosten professionelle Barrierefreiheitstests?
Die Kosten variieren stark. Automatisierten Tests sind oft kostenlos oder günstig. Die Kosten für ein detailliertes Experten-Audit (BITV-Test, WCAG) richten sich nach Umfang und der Komplexität der zu prüfenden Webanwendungen.
Testen Sie Ihre Website kostenlos – und entwickeln Sie mit uns Ihre individuelle Barrierefreiheitsstrategie.
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